Technische Bildung
Technische Bildung in allgemeinbildenden Schulen
Technische Bildung ist eine Grundvoraussetzung, um die zunehmend technologisierte und digitalisierte Welt zu verstehen und sie mitzugestalten. Der Umgang mit Herausforderungen wie dem Klimawandel bedarf einer technischen Grundbildung. Der VDI erarbeitet seit vielen Jahren zusammen mit Technikpädagogen Empfehlungen, wie technische Bildung mit einem anwendungsbezogenen, interdisziplinären Ansatz eine Klammer zwischen den Lernbereichen bilden und so die Stärken aus den fachspezifisch unterschiedlichen Perspektiven miteinander verbinden kann.
Technische Bildung
Technische Bildung in der allgemeinbildenden Schulde verankern
Technische Bildung ist Teil der Allgemeinbildung
Deutschland ist ein Hochtechnologieland, in dem technische Bildung und Nachwuchsförderung maßgeblich zu unserem Wirtschaftserfolg und unserer Innovationsstärke beitragen. Um die Menschen in unserem Land zu einem offenen und kritischen Umgang mit Technik zu befähigen und die Grundlage für gut ausgebildete Fachkräfte zu legen, müssen die allgemein-bildenden Schulen ihre Verantwortung für technische Bildung wahrnehmen können. Dazu beitragen würden bundesweit einheitliche und verbindliche Bildungsstandards für die technische Allgemeinbildung sowie eine übergreifende Strategie aller bildungspolitischen Akteure auf Länder- und Bundesebene.
Unterschiede in den Lernbereichen berücksichtigen
Technik- und Naturwissenschaften differenzieren sich genauso wie deren Didaktiken, die Theorien des Lehrens und Lernens, sich unterscheiden. Bei der Gestaltung des Unterrichts sollte dieser Unterschied unbedingt berücksichtigt werden. Während es bei den Natur-wissenschaften primär um das „Entdecken und Erkennen“ geht, steht bei der Technik der gestaltende Ansatz und das Finden von Lösungen im Mittelpunkt. In der Technik müssen immer Kompromisse zwischen dem naturgesetzlich Möglichen, dem ökonomisch Vertretbaren, dem politisch Durchsetzbaren, dem sozial Wünschbaren und dem ökologisch Sinnvollen gefunden werden.
Technik als integrative Klammer verschiedener Lernbereiche
Innovative technische Lösungen sind oft das Ergebnis der Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen. Angesichts der globalen Herausforderungen und komplexen Transformations-prozesse unserer Gesellschaft wird interdisziplinäre Zusammenarbeit immer wichtiger. Technische Bildung kann eine integrative Klammer zwischen unterschiedlichen Lernbereichen bilden und damit interdisziplinäres Forschen und Arbeiten ermöglichen: Mit einem anwendungsbezogenen,
fachübergreifenden Ansatz, der sich an Problemstellungen und Themen orientiert.
Grundvoraussetzungen für technische Bildung schaffen
Für Unterricht im Bereich Technik müssen genügend und gut ausgebildete Lehrkräfte sowie Lehr- und Lernmaterialien zur Verfügung stehen. Auch Fachräume und deren Ausstattung, digitale Lernplattformen und Lernmanagementsysteme müssen didaktischen Ansprüchen und denen einer zeitgemäßen Technik entsprechen. Insbesondere für die Einrichtung und Pflege einer digitalen Infrastruktur wird eigenes und kompetentes IT-Fachpersonal für die Schulen benötigt.
Fazit
Als Technik- und Innovationsstandort muss Deutschland die technische Bildung als festen Bestandteil an allgemeinbildenden Schulen verankern. Aus Sicht des VDI ist dabei ein anwendungsbezogener, fachübergreifender Ansatz zu wählen, der sich an Problemstellungen und Themen orientiert und damit eine integrative Klammer zwischen den unterschiedlichen Lernbereichen bilden kann.
Ansprechpartner im VDI:
VDI-Fachbeirat Technische Bildung
Dr. Thomas Kiefer
kiefer@vdi.de
Tel. +49 211 6214-305
VDI-Büro Berlin
Christian Krause
krause_c@vdi.de
Tel. +49 30 275957-13
Ingenieurausbildung
Ingenieurgesetze auf den Schutz der Berufsbezeichnung begrenzen
Wer sich in Deutschland „Ingenieurin“ oder „Ingenieur“ nennen darf, ist seit den 1970er Jahren in den unterschiedlich gestalteten Ingenieurgesetzen der Bundesländer geregelt. Eine Vereinheitlichung ist für die Rechtssicherheit in ganz Deutschland dringend nötig. Aus Sicht des VDI ist die direkte Umsetzung des Musteringenieurgesetzes (MIngG) in der Fassung vom Juni 2018 dabei das bevorzugte Mittel, doch der Beschluss der Wirtschafsministerkonferenz wird immer wieder in Frage gestellt.
Ingenieurausbildung
Ingenieurgesetze auf den Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieurin“ und „Ingenieur“ begrenzen
Ingenieurgesetze schützen Berufsbezeichnung
Mit der Akademisierung der Ingenieurgesetze in den 1970er Jahren wurden die Berufs-bezeichnungen „Ingenieurin“ und „Ingenieur“ geschützt. Die Rechtsgrundlage hierfür sind die Ingenieurgesetze der Bundesländer. Sie regeln, unter welchen Bedingungen deutsche Absolvierende und Immigrierende sich „Ingenieurin“ oder „Ingenieur“ nennen dürfen.
Geschützte Berufsbezeichnung vermitteln Sicherheit
Geschützte Berufsbezeichnungen definieren Minimalanforderungen für die Ausübung eines Berufs, um Verbrauchern Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln. So wird gewährleistet, dass derjenige dessen Leistung in Anspruch genommen wird, auch die entsprechende Basis-qualifikation besitzt. Da ingenieurwissenschaftliche Dienstleistungen oft Belange der Unversehrtheit von Mensch und Umwelt berühren, ist der Schutz der Berufsbezeichnung hier besonders wichtig.
1:1 Umsetzung des MInG schafft Klarheit
Um die nationale Mobilität zu verbessern und die Zuwanderung von Ingenieurinnen und Ingenieuren zu erleichtern, ist eine bundeseinheitliche Definition zur Führung der Berufsbezeichnung erforderlich. Wer sich in Hamburg Ingenieur nennen darf, der muss auch in München als Ingenieur gelten. Alles andere würde insbesondere die Arbeit- und Auftrag-geber verunsichern. Abhilfe schafft die 1:1 Umsetzung des von der Wirtschaftsministerkonferenz verabschiedeten Musteringenieurgesetzes in der Fassung vom Juni 2018.
Moderne Ingenieurinnen und Ingenieure brauchen mehr als nur MINT
Die Umsetzung des MIngG wurde von der Wirtschaftsministerkonferenz beschlossen, wird aber teilweise immer noch in Frage gestellt. Ursache ist die unterschiedliche Auffassung, wie hoch der Anteil der Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (kurz „MINT“) im Bachelorstudium sein soll. Obwohl die Ingenieurgesetze sich ausschließlich auf den Schutz der Berufsbezeichnung konzentrieren sollten, formulierte das MIngG einen Kompromiss, in dem mindestens 50 % MINT-Anteil im Bachelorstudiengang gewährleistet sein muss. Dieser Kompromiss sollte dringend von allen Beteiligten anerkannt werden, um die Freiheiten der Hochschulen in den Studiengängen nicht einzuschränken und endlich die Vereinheitlichung der Gesetze umzusetzen.
Fazit
Die Ingenieurgesetze regeln den Schutz der Berufsbezeichnung und die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen. Eine Vereinheitlichung ist für die Rechtssicherheit in ganz Deutschland dringend nötig. Die Ingenieurgesetze sollten sich dabei auf den Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieurin“ und „Ingenieur“ begrenzen, um die Freiheiten der Hochschulen in den Studiengängen nicht einzuschränken.
Ansprechpartner im VDI:
VDI-Fachbeirat Ingenieurausbildung
Dr. Saša Peter Jacob
jacob@vdi.de
Tel. +49 211 6214-513
VDI-Büro Berlin
Christian Krause
krause_c@vdi.de
Tel. +49 30 275957-13
Medizintechnik
Antibiotikaresistenzen vermeiden
Nicht erst die COVID-19-Pandemie erinnert daran, wie groß die Gefahr durch Infektionskrankheiten ist. Schon seit längerem wirken viele Antibiotika nicht mehr, Bakterien entwickeln zunehmend Resistenzen. Jährlich sterben rund 500.000 Menschen weltweit an Infektionen mit resistenten Keimen. Es braucht dringend neue Antibiotika. Außerdem muss die Ausbreitung von Resistenzen wirkungsvoller als bisher verhindert werden. Aus Sicht des VDI können dabei intelligente Maßnahmen der Hygienetechnik einen großen Beitrag leisten.
Medizintechnik
Antibiotikaresistenzen mit Hygienetechnik vermeiden
Strikte Einhaltung der Hygieneempfehlungen
In medizinischen Einrichtungen müssen Neuinfektionen und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern durch strikte Einhaltung der Hygieneempfehlungen – insbesondere die des Robert Koch-Instituts – so weit wie möglich vermieden werden. Eine Reihe von technischen Maßnahmen, wie z.B. antimikrobielle Oberflächen und hohe Standards bei hygienerelevanten Gebäudeinstallationen, unterstützen hier maßgeblich. Eine hohe Verbindlichkeit der hygiene-relevanten Regeln der Technik sowie entsprechende Schulungen müssen sichergestellt werden.
Resistenzausbreitung durch technische Maßnahmen verhindern
Der Eintrag von resistenten Mikroorganismen und antibiotischen Wirkstoffen in die Umwelt muss eingedämmt werden. Vor allem in Medien mit potenziell hohen Antibiotika-konzentrationen und hoher Bakteriendichte, z. B. in Klärschlämmen und Gülle, muss die Resistenzausbreitung durch geeignete technische Maßnahmen reduziert werden. Eine entsprechende Behandlung von Abwässern aus Krankenhäusern und Altenheimen muss gewährleistet sein. Die technische Entwicklung von effizienten Verfahren zur Entfernung von Antibiotika und Arzneimittelrückständen muss weiter gefördert werden. Zudem sollte bereits bei der Entwicklung neuer Antibiotika auch deren Abbau in der Umwelt mitbedacht werden.
Weitere Maßnahmen zur Vermeidung von Resistenzen
Um mit der Zunahme von Resistenzen Schritt halten zu können, werden dringend neue Antibiotika benötigt. Hier braucht neue Finanzierungsmechanismen und einen verbesserten Transfer von Wissenschaft und Wirtschaft. Heute befinden sich viele Antibiotikawirkstoffproduktionen in China oder Indien. Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen, werden Anreize für die Produktion in Europa benötigt. Zudem können Aufklärungsarbeit und die Entwicklung von Schnelldiagnosetests den unsachgemäßen Einsatz von Antibiotika vermindern.
Fazit
Die Gefahren durch antibiotikaresistente Bakterien sind ein weltweit wachsendes Problem. Im Kampf gegen Resistenzen ist die Entwicklung neuer Antibiotikawirkstoffe von großer Bedeutung. Technische Maßnahmen und die Einhaltung von Hygieneempfehlungen können außerdem dazu beitragen, die Ausbreitung von Resistenzen zu verhindern.
Weiterführende Informationen:
Policy Factsheet Antibiotikaresistenzen
Ansprechpartner im VDI
VDI-Gesellschaft Technologies of Life Sciences
Dr. Martin Follmann
follmann@vdi.de
Tel. +49 211 6214-320
Büro Berlin
Christian Krause
krause_c@vdi.de
Tel. +49 30 275957-13
Energie und Klima
Energieträger Wasserstoff
„Grüner“ Wasserstoff spielt bei der Umsetzung der Energiewende eine große Rolle: Er kann aus Strom aus erneuerbaren Energien mittels Elektrolyse klimaneutral hergestellt werden und so flüssige und gasförmige fossile Energieträger substituieren. Da Wasserstoff in unterschiedlichen Sektoren (Strom, Wärme, Verkehr und Industrie) einsetzbar ist, bietet er Potenzial für die von der Politik gewünschte Sektorenkopplung.
Energie und Klima
Ohne Wasserstofftechnologien keine Treibhausgasneutralität bis 2050
Wasserelektrolyse kann Überschussstrom nutzen
Final werden in Deutschland über 300 GW an installierter Leistung aus Wind und Fotovoltaik zur Verfügung stehen, sodass sich genügend Potenzial für den Betrieb von Elektrolyseanlagen bietet. Durch gezielten Einsatz von Elektrolyseuren ist auch ein netzdienlicher Betrieb möglich. Die Abwärme der Elektrolyse kann in Wärmesysteme integriert und der Sauerstoff technisch genutzt werden.
Brennstoffzellenfahrzeuge im ÖPNV
Brennstoffzellenfahrzeuge im ÖPNV sind leicht mit Wasserstoff zu versorgen, denn sie weisen einen regelmäßigen und planbaren Verbrauch auf und benötigen nur wenige Tankstellen. Zudem würde vor allem der Einsatz von Zügen, Bussen, Straßenbahnen oder Taxen mit Brennstoffzellen erheblich zur Luftverbesserung und Lärmminderung in den Städten beitragen. Hierfür ist eine entsprechende Abstimmung mit den Städten und Kommunen nötig.
Wasserstoff zur Wärmebereitstellung
Die direkte Nutzung von Strom für die Wärmeerzeugung insbesondere mit Wärmepumpen ist die effizienteste Möglichkeit, erneuerbaren Strom für Heizzwecke zu nutzen. Bei der Erzeug-ung von Wasserstoff mittels Elektrolyse und seiner Verwendung entsteht Abwärme, die es zu integrieren gilt. Weiterhin kann eine hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage mit einer wasserstoffbetriebenen Brennstoffzelle je nach Rahmenbedingungen eine gute Alternative sein.
Import von grünem Wasserstoff
Grüner Wasserstoff kann nur in Regionen mit einem hohen Potential für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen sinnvoll hergestellt werden. Dabei reicht es nicht aus, wenn nur der Strom für die Elektrolyse aus erneuerbarem Strom besteht, der Strom für den heimischen Verbrauch in diesen Regionen aber aus fossilen Quellen zur Verfügung gestellt wird. Für sonnen- und windreiche Länder bietet sich die Option, grünen Wasserstoff zu exportieren und eine nachhaltige heimische Stromerzeugung für eigene Zwecke aufzubauen.
Fazit
Will man die Klimaschutzziele erreichen, kann der Sekundärenergieträger Wasserstoff sicherlich ein wesentlicher, gegebenenfalls der wesentliche Baustein in einem zukünftig klimafreundlicheren und nachhaltigeren Energiesystem darstellen. Entscheidend sind jedoch die Aufwände für diese Aufbereitung und für die Bereitstellung.
Weiterführende Informationen:
Policy Factsheet Wasserstofftechnologien
Ansprechpartner im VDI:
VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt
Dr.-Ing. Eleni Konstantinidou
konstantinidou@vdi.de
Tel. +49 211 6214-219
Büro Berlin
Christian Krause
krause_c@vdi.de
Tel. +49 30 275957-13
Raumlufttechnik
Infektionsschutz in Schulen: Raumlufttechnik und Stoßlüftung
In geschlossenen Räumen ist die Gefahr einer Infektion mit SARS-CoV-2 besonders hoch. Die Viren werden durch Aerosolpartikel transportiert, verteilen sich und halten sich so über mehrere Stunden in der Luft. Das ist vor allem an Schulen ein Problem: Die wenigsten Schulen verfügen über maschinelle Lüftungsanlagen und in Klassenräumen ist wirksames Stoßlüften oft nicht möglich. Die beste Wirksamkeit, um das Infektionsrisiko zu reduzieren, ist von einer Kombination aus allen verfügbaren technischen und organisatorischen Maßnahmen zu erwarten.
Raumlufttechnik
Infektionsschutz in Schulen: Technische Luftreinigung und Stoßlüftung kombinieren
Hohes Infektionsrisiko in geschlossenen Räumen
Nach den bisherigen Erkenntnissen spielen Aerosole eine wichtige Rolle für die Übertragung des Coronavirus SARS-CoV-2. Größere Tröpfchen sinken schneller zu Boden. Kleinere Aerosolpartikel bleiben jedoch über längere Zeit in der Luft und verteilen sich überall im Raum. Mit jedem Atemzug und verstärkt beim Sprechen und Singen erhöht sich die CO2- und Aerosolkonzentration und damit auch das Risiko, sich im Raum anzustecken.
Infektionsrisiko in Schulen reduzieren
Um das Infektionsrisiko in geschlossenen Räumen wie Klassenzimmern zu minimieren, sind anlässlich der kalten Jahreszeit schnell umsetzbare Lösungen gefragt. Hier müssen dezentrale Lösungen zum Einsatz kommen, denn der Einbau zentraler Anlagen ist zeit- und kostenintensiv und wird daher für die aktuelle Pandemie zu spät kommen. Dezentrale Geräte, wie Fassaden- und Brüstungsgeräte sowie mobile Luftreiniger können hier helfen. Optimaler Schutz ist allerdings nur mit einer maschinellen Lüftung mit 100 % frischer Außenluft zu erreichen. Eine signifikante Risikominderung wird deshalb nur durch eine Kombi-nation verschiedener technischer und organisatorischer Maßnahmen zu erreichen sein.
Luftvolumenstrom als entscheidende Kenngröße
Kenngröße für die Reduktion des Aerosol-Risikos durch Umluftreinigungsgeräte ist der Luftvolumenstrom. Um das Risiko einer Ansteckung signifikant zu senken, müssen Geräte eine für das Raumvolumen geeignete Luftförderleistung aufweisen. Für einen typischen Unterrichtsraum bedeutet das eine Förderleistung von mindestens 2100 m3/h. Die Geräte müssen so aufgestellt werden, dass sie zuverlässig die gesamte Luft im Raum reinigen und durchmischen. Hierfür eignen sich insbesondere raumhohe Geräte.
Lüftungsbedarf mit CO2-Ampeln erkennen
Die Luftqualität in Innenräumen, vor allem in Unterrichtsräumen, sollte mit CO2-Ampeln überwacht werden, um gesundheitliche Risiken und den Lüftungsbedarf aus Gründen des Infektionsschutzes zu erkennen. Denn je höher der CO2-Messwert, desto höher ist auch die Aerosol-Konzentration im Raum. Da Umluftreinigungsgeräte ausschließlich Partikel aus der Luft filtern können, nicht jedoch CO2, ist auch bei ihrem Einsatz eine Frischluftzufuhr notwendig.
Fazit
Die beste Wirksamkeit zur Reduzierung des Infektionsrisikos ist von einer Kombination aus allen verfügbaren technischen und organisatorischen Maßnahmen zu erwarten. Zu beachten ist, dass lüftungstechnische Maßnahmen das Risiko nur senken kann. Sowohl Abstandhaltung, regelmäßiges Lüften als auch das Tragen von Masken sowie die Verminderung der Anzahl Personen im Raum bleiben zusätzlich sinnvolle Maßnahmen.
Weiterführende Infos:
Policy Factsheet Infektionsschutz an Schulen
Ansprechpartnr im VDI:
Fachgesellschaft Bauen und Gebäudetechnik
Dipl.-Phys. Thomas Wollstein
wollstein@vdi.de
Tel. +49 211 6214-500
Büro Berlin
Christian Krause
krause_c@vdi.de
Tel. +49 30 275957-13
Technische Bildung
Technische Bildung und digitale Transformation
Die digitale Transformation verändert unsere Arbeits- und Lebenswelt. Wissen, Kompetenzen und Bildung für die digitale Transformation müssen deshalb schon in der Schulbildung verankert werden. Dabei geht es um weit mehr als Tablets und W-LAN. Es geht auch um Facebook, Pflegeroboter, Elektroautos und Windräder; technische Errungenschaften, deren Potentiale und Gefahren nicht ohne technische Bildung diskutiert werden können.
Technische Bildung
Mit Technischer Bildung die digitale Transformation verstehen
Digitale Transformation in der Bildung verankern
Das Wesen, die Bedingungen und Folgen der digitalen Transformation erschließen sich nicht allein durch den Umgang mit digitalen Technologien. Digitale Bildung wird meist als Querschnittsaufgabe eines jeden Fachs in der allgemeinbildenden Schule oder als Teil der Informatik gesehen. Die Komplexität von digitaler Transformation braucht jedoch eigene didaktische Handlungs- und Reflexionsräume. Die digitale Transformation muss daher zum expliziten Inhalt von Bildung werden und braucht ein Ankerfach.
Mit technischer Bildung die digitale Transformation verstehen
Die Technikdidaktik befasst sich mit den Grundkategorien „Stoff“, „Energie“ und „Information“ und besitzt die notwendige Breite, im Zusammenhang mit Computer- und Netztechnologien globale Themen wie Mobilität, Energie, Gesundheit und Ernährung erschließen zu können. So kann man beispielsweise das Internet der Dinge erlebbar machen, die Verknüpfung von technisch realen und virtuellen Welten zeigen oder sicherheitstechnische Fragen zum Datenschutz klären. Damit wäre die digitale Transformation expliziter Inhalt von Bildung und nicht nur Lehr-Lehr-Medium und Infrastruktur.
Digitale Lehr- und Lernmedien eröffnen neue Möglichkeiten
Die digitale Transformation muss sich auch in den Lehr- und Lernmedien der technischen Bildung wiederfinden und in ihren mediendidaktischen Potenzialen erforscht werden.
Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte notwendig
Um sie auf die technischen und mediendidaktischen Herausforderungen einschließlich vorzubereiten, ist eine kontinuierliche Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte notwendig. Digitalisierung des Lehrens und Lernens darf nicht auf die technische Infrastruktur begrenzt bleiben. Auch die Gegebenheiten der digitalen Transformation sollten im Lehr- und Weiterbildungsplan aller Lehrkräfte und Schüler*innen integriert sein.
Fazit
Schule muss der Ort werden, an dem alle die Möglichkeit erhalten, Bildung für die digitale Transformation zu erlangen. Aus Sicht des VDI müssen Schulen dafür nicht nur mit digitaler Infrastruktur ausgestattet und Lehrkräfte entsprechend ausgebildet werden. Wichtig ist auch, dass die technische Bildung stärker in den Lehrplan integriert und die Digitalisierung als festes Ankerfach etabliert wird.
Ansprechpartner:
Fachbeirat Technische Bildung
Dr. Thomas Kiefer
kiefer@vdi.de
Tel. +49 211 6214-305
Büro Berlin
Christian Krause
krause_c@vdi.de
Tel. +49 30 275957-13
Energie & Klima
Fotovoltaik im Energiesystem
Die fotovoltaische Stromerzeugung kann eine der zentralen Schlüsseltechnologien bei der Defossilierung des Energiesystems werden. Im Zusammenspiel mit dem Ausbau der Windenergie unterstützt die Fotovoltaik maßgeblich die Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Um das Ziel 65 % erneuerbare Energien im Stromsektor bis 2030 zu erreichen, muss unter anderem die Fotovoltaik bis zum Ende des Jahrzehnts deutlich stärker ausgebaut werden.
Energie & Klima
Fotovoltaik im Energiesystem – Der Joker der Energiewende?
Die Rolle von Fotovoltaik im Energiesystem
Aus heutiger Sicht ist nicht davon auszugehen, dass die Energieversorgung Deutschlands oder Europas ausschließlich mithilfe der Fotovoltaik realisierbar ist oder sein könnte. Würde aber eine völlige oder weitgehende Defossilierung unseres Energiesystems aus Umwelt- und Klimaschutzgründen angestrebt, könnte die fotovoltaische Stromerzeugung eine der wesentlichen Schlüsseltechnologien darstellen, die eine derart weitgehende Reduzierung der Klimagasemissionen maßgeblich unterstützen würde - idealerweise im systemischen Zusammenspiel mit der Windenergie
Ausbau der Fotovoltaik:
- Um das Ziel 65 % erneuerbare Energien im Stromsektor bis 2030 zu erreichen und eine Strom-Erzeugungslücke aufgrund des Ausstiegs aus der Kernkraft und der Kohleverstromung zu vermeiden, bedarf es einer Verdreifachung der installierten Fotovoltaik-Kapazität bis 2030. Die jährlichen FV-Ausbauziele im EEG müssen dafür im Rahmen der EEG-Novelle angehoben werden.
- Um das energiewirtschaftlich relevante Potenzial von Fotovoltaik-Kleinanlagen zu erschließen, muss der Gesetzgeber deutlich einfachere und unproblematisch umsetzbare Regeln definieren.
- Für ältere Anlagen im einstelligen kW-Bereich, die aus dem EEG fallen, empfiehlt der VDI eine Art Pauschal-Vergütung, die den volkswirtschaftlich sinnvollen Weiterbetrieb der Anlagen auch aus ökonomischer Sicht ermöglicht.
- Da elektrische Arbeit (kWh) künftig zu bestimmten Zeiten sehr kostengünstig verfügbar sein wird, werden die Stromgestehungskosten (€/kW) stark durch die notwendigen Speicherkosten determiniert. Daher ist es notwendig, regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine dezentrale Speicherbewirtschaftung und deren Vergütung ökonomisch attraktiv machen.
Fazit
Fotovoltaikstrom trägt heute schon mit knapp 48 TWh zur Deckung der Stromnachfrage bei. Und das bei stark steigender Tendenz. Damit könnte Fotovoltaik eine starke Rolle im Energiesystem einnehmen, zunächst weitergehend Strom aus fossilen Energieträgern substituieren und danach – wenn entsprechende großtechnische Speicher zur Verfügung stehen – auch zu Zeiten verfügbar sein, wenn die Sonne nicht scheint.
Weiterführende Informationen
Policy Factsheet Fotovolatik im Energiesystem
Publikation Fotovoltaik im Energiesystem - der Joker der Energiewende
Mobilität
Die Bedeutung von Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeugen
Die Elektromobilität mit Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeugen kann einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der umwelt- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung leisten. Bei Nutzung erneuerbarer Energien bietet vor allem die Brennstoffzellentechnologie einen nachhaltigen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehrsbereich. Zusammen mit der Batterietechnologie ermöglichen beide Technologien die Substitution von konventionellen Verbrennern ohne Komforteinschränkungen.
Mobilität
Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge: Ihre Bedeutung für die Mobilität von morgen
Aus Sicht des VDI konzentriert sich die aktuelle politische Diskussion zur Elektromobilität zu sehr auf Batteriefahrzeuge. Nur gemeinsam mit dem Ausbau der brennstoffzellenbasierten Elektromobilität ist ein bedeutsamer Schritt zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen möglich, um die energie- und umweltpolitischen Ziele im Mobilitätssektor zu erreichen.
Vorteil Brennstoffzelle
Gegenüber Batteriefahrzeugen (BEV) punkten Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) mit mehreren Vorteilen: Sie erzielen erheblich leichter und kosteneffizienter große Reichweiten und ermöglichen wesentlich höhere Nutzlasten.
Schnelle Betankung
Die Wasserstoffvollbetankung von FCEV ist mit drei bis fünf Minuten vergleichbar mit der heutigen Fahrzeugbetankung für Benzin oder Diesel. Auch bei Einsatz von Schnellladestationen dauert das Nachladen von BEV mit ca. 20 Minuten deutlich länger. Darüber hinaus lässt sich der Treibstoff Wasserstoff flexibel aus erneuerbaren Energien herstellen, speichern und transportieren.
Vorhandene Infrastruktur nutzbar
Ein Vorteil der Wasserstofftechnologie ist auch, dass sie leichter umgesetzt und in den Markt gebracht werden kann, da bereits vorhandene Strukturen an Tankstellen nutzbar sind, die sich entsprechend erweitern lassen
Kostenoptimum bei Mischung beider Systeme
Bei einer geringen Marktdurchdringung sind die Infrastrukturinvestitionen für BEV zwar geringer als für FCEV, das Bild dreht sich jedoch bei einer größeren Marktdurchdringung. So könnte eine Mischung beider Systeme – BEV für die kürzeren Strecken und FCEV für Langstrecken – ein Kostenoptimum ergeben.
Ohne erneuerbare Energien keine CO2-Reduktion
Die gewünschte Reduktion der CO2-Emissionen bei einer Forcierung der Elektromobilität wird jedoch nur erzielt, wenn der Strom für das Laden der Batterie und die Produktion des Wasserstoffs aus regenerativen Quellen stammt. Zudem ist es ökologisch und sozial relevant, wie die Rohstoffe gewonnen und die Batterien und Brennstoffzellen hergestellt werden. Sorgfältige Analysen des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen im gesamten Lebenszyklus und eine Erhöhung der Recyclingquote sind ebenfalls unabdingbar. Beide Technologien benötigen Rohstoffe, die nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen.
Wettbewerbsvorteil Brennstoffzelle
Neben der energetischen Effizienz des Antriebsstrangs und dem Rohstoffbedarf der Batterie und der Brennstoffzelle hat der VDI speziell den Ressourcen- und Flächenverbrauch für die benötigten Infrastrukturen – wie Stromtrassen und Ladesäulen, Gaspipelines und Wasserstofftankstellen – im Blick. Beide Technologien werden in Zukunft in Segmenten des Mobilitätssektors eingeführt: Die Brennstoffzellenfahrzeuge zunächst bei Flottenfahrzeugen und Fahrzeugen mit großer Reichweite. Im Gegensatz zur Batteriefertigung muss die Brennstoffzelle die Hürde zur Serienfertigung noch nehmen, was allerdings eine große Chance für deutsche Hersteller sein kann. Der Anbieter-Markt ist noch offen.
FCEV Chance für deutsche Hersteller
Die Bundesregierung muss schnellstens gleichermaßen für Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge Anreizsysteme schaffen und Infrastrukturen aufbauen. Hierzu zählt die Forcierung des Markthochlaufs von E-Fahrzeugen durch die Umstellung von Fahrzeugflotten, der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur durch Realisierung der bundesweit einheitlich geplanten 400 Wasserstofftankstellen sowie die Einbeziehung des Energieträgers Wasserstoff in die sektorübergreifende Langzeitstrategie für eine sichere Energieversorgung.
Anreizsysteme und Infrastrukturaufbau notwendig
Für unsere Wettbewerbsfähigkeit brauchen wir in Deutschland einen zeitnahen Aufbau von Produktionseinrichtungen für Brennstoffzellen und Batterien. Hierfür muss die Politik geeignete Rahmenbedingungen schaffen. Auch eine begleitende Forschung zum Markthochlauf ist dringend notwendig.
Fazit aus Sicht des VDI
Anstatt nur eine Technologie zu fördern, sollten Politik und Wirtschaft auf beide Systeme setzen.
Weiterführende Infos:
Zirkuläre Wertschöpfung
Verwertung von Kunststoffabfällen
Die zunehmende Verbreitung von Kunststoffabfällen in der Umwelt ist zu einer globalen Herausforderung geworden und erfordert umgehendes Handeln seitens Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verbraucher. Um zukünftig deren Menge in den Meeren deutlich zu reduzieren, muss eine geänderte Philosophie in allen Ländern eingeführt werden, die dem Wertstoff „Kunststoffabfall“ eine hohe Priorität einräumt.
Zirkuläre Wertschöpfung
Die Verwertung von Kunststoffabfällen im Fokus der zirkulären Wertschöpfung
Was ist zirkuläre Wertschöpfung?
Die zirkuläre Wertschöpfung wird als ein wirtschaftliches System beschrieben, das nach Intention und Design restaurativ und regenerativ ist. Es ersetzt das Konzept des End-of-Life estehender linearer Wertschöpfungsketten durch geschlossene Wertschöpfungskreisläufe und erzeugt positive gesamtgesellschaftliche Vorteile. Die zirkuläre Wertschöpfung vermeidet oder verwertet Abfälle durch eine entsprechende Gestaltung von Materialien, Produkten, Systemen und Geschäftsmodellen, integriert Stoffstrommanagement und Energiesystem auf nachhaltige Weise, minimiert Klima- und Umweltbelastungen ganzheitlich.
Fokus Kunststoffabfälle
In Deutschland haben wir bereits seit vielen Jahrzehnten Sammelsysteme für gebrauchte Consumer-Kunststoffabfälle eingeführt, z. B. die Rückführung von gebrauchten PET-Kunststoffflaschen. Auch hinsichtlich der Recyclingtechnologien zur Wiederaufbereitung gebrauchter Kunststoffprodukte und Kunststoff-Consumerprodukte sind wir in Deutschland bereits vergleichsweise gut aufgestellt. Da der ungeordnete Eintrag von Kunststoffverpackungen in die Weltmeere über zehn große Flüsse erfolgt, die überwiegend in Asien, Indien, afrikanischen und südamerikanischen Ländern liegen, gehört es zu den ersten Prioritäten, diese Eintragswege in die Weltmeere zu schließen. Daher sind zwingend Technologietransfers zur Kunststoffabfallsammlung und zur Kunststoffabfallverwertung in Drittländer erforderlich.
Volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen
Neben der Auseinandersetzung mit der besorgniserregenden Umweltbelastung müssen aber auch die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme erkannt und angegangen werden, die aus der ungeordneten Verteilung wertvoller Rohstoffe in der Umwelt resultieren: Millionen Tonnen wertvoller Sekundärrohstoffe werden der produzierenden Wirtschaft entzogen. Ein Prozess, der nur durch eine geänderte Philosophie zum Einsatz von Primär- und Sekundärrohstoffen in einer Kreislaufwirtschaft gestoppt werden kann. Dazu müssen dringend auch die technologischen Errungenschaften einer modernen Kunststoffabfall- und Kreislaufwirtschaft in andere Länder transferiert werden.
Recyclinggerechtes Produktdesign
Nach Ansicht des VDI muss die Wiederverwertung beim Design von Kunststoffprodukten von Anfang an mitgedacht werden – im Sinne der zirkulären Wertschöpfung. Das A und O bei der Entwicklung neuer Kunststoffprodukte ist nach Ansicht des VDI eine recyclinggerechte Gestaltung. Bereits beim Design kunststoffhaltiger Produkte müssen die Entwickler und Hersteller berücksichtigen, dass diese nach ihrer Nutzung möglichst sortenrein zerlegbar sind, um sie effizient wiederzuverwerten. Gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) von 2012 müssen Produkte zur ordnungsgemäßen, schadlosen und hochwertigen Verwertung sowie zur umweltverträglichen Beseitigung geeignet sein. Um dies zu erreichen, sollten schon frühzeitig im Designprozess die folgenden Fragen geklärt werden:
Kann ein recyclingfähiger thermoplastischer Kunststoff eingesetzt werden?
Können die verwendeten Kunststoffe für das geplante Produkt sortenrein eingesetzt werden?
Wenn Kunststoffprodukte aus sortenreinen Kunststoffen hergestellt werden, so lassen sie sich nach dem Ende des Produktlebenszyklus besser und effizienter recyceln. Verunreinigte Polymere sind hingegen in dieser Form nicht wirtschaftlich verwertbar. Für sie kommt als Alternative das chemische Recycling, also die Rückführung in die ursprünglichen Monomere, infrage. Damit die produzierende Wirtschaft nicht erhebliche Mengen wertvoller Sekundärrohstoffe verliert, ist es eine wichtige Aufgabe für Ingenieurinnen und Ingenieure, durch die Entwicklung und Etablierung einer zirkulären Wertschöpfung den Wert von Materialien zu erhalten und die verwendeten Stoffe nach der Gebrauchsphase dem Wertschöpfungskreislauf erneut zuzuführen
Umsetzung in die Praxis
Deutschland verfügt über eine vergleichsweise gut aufgestellte Kunststoffabfallwirtschaft mit Infrastrukturen zum Sammeln, Sortieren und Lagern von Kunststoffabfällen sowie den entsprechenden Verfahrenstechnologien zur Aufbereitung von Kunststoffabfällen und zur Herstellung von Kunststoffrezyklaten. Die Kunststoffabfallwirtschaft Deutschlands gilt es weiterzuentwickeln. Darüber hinaus ist es notwendig, die spätere Recyclingfähigkeit der Kunststoffprodukte bereits bei der Entwicklung neuer Produkte zu berücksichtigen. In Deutschland wurden laut der industrieseitig durchgeführten Studie „Stoffstrombild Kunststoffe in Deutschland 2017“ (Conversio) 46 % der gesamten Kunststoffabfälle dem werkstofflichen und knapp 1 % dem rohstofflichen Recycling zugeführt. Der Rest wurde energetisch verwertet, davon 17,9 % als Ersatzbrennstoff und 34,8 % in Müllverbrennungsanlagen mit Energierückgewinnung. Weltweit werden jedoch über 90 % der Kunststoffabfälle in den Meeren über zehn Flüsse aus Afrika, Asien, Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Indien und Peru eingetragen. Ein Technologietransfer aus Deutschland zur Kunststoffabfallwirtschaft in Schwellenländer kann einen Beitrag zur Lösung der globalen Probleme für Klima und Umwelt leisten.
Technologietransfer in Schwellenländer
Der VDI und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit erörterten am 29. August 2019 im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ in Bonn gemeinsam mit Experten und Vertretern der Ministerien BMZ und BMU in einem Workshop Lösungsansätze, um den Technologietransfer zur Kunststoffabfallverwertung aus Deutschland in Schwellenländer zu beschleunigen. In einem ersten Schritt wurde ein Technologietransfer zur Kunststoffabfallverwertung von Deutschland nach Brasilien empfohlen. Unter den zehn Flüssen, über die der Haupteintrag von Kunststoffen in die Weltmeere erfolgt, rangiert der brasilianische Amazonas auf Platz 6. Mit einem Marktaufkommen von ungefähr 6,6 Mio. t Kunststoffen bietet Brasilien darüber hinaus ein Volumen, das unbedingt einer kontrollierten Kunststoffabfallverwertung zugeführt werden muss. Ein solcher Technologietransfer umfasst neben der Einführung logistischer Sammelsysteme für gebrauchte Kunststoffverpackungen und -produkte („Gelbe Tonne“) auch den Aufbau von Sortier- und Recyclingkapazitäten in Brasilien. Dazu wurden vom BMZ die politischen Rahmenbedingungen für ein solches Technologietransferprojekt geprüft. Am 18. Oktober trafen sich dann auf der internationalen Kunststoffmesse „K 2019“ in Düsseldorf brasilianische und deutsche Experten der Recyclingbranche zu einem ersten Austausch über einen Technologietransfer zur Kreislaufwirtschaft und zum Recycling zwischen beiden Ländern. Hier wurde die weitere Ausrichtung dieses visionären Projekts weiterentwickelt.
Fazit aus Sicht des VDI
Nach Meinung des VDI müssen die Kosten eines Produktlebenszyklus künftig auch im privaten Bereich bei Nutzern bzw. Verbrauchern zum entscheidenden Kaufkriterium werden.
Was tut der VDI?
Der VDI betrachtet das Thema „Zirkuläre Wertschöpfung“ mit Stakeholdern aus unterschiedlichen Branchen und aus unterschiedlichen Perspektiven, um daraus Informationen für VDI-Mitglieder, Experten und Interessierte aus Gesellschaft, Medien, Industrie, Politik zur Verfügung zu stellen. Mit VDI-Richtlinien stellt der VDI konkrete technische Handlungsempfehlungen für den Experten in der Praxis bereit. Ein breiter Wissenstransfer erfolgt über Fachtagungen und Kongresse sowie über regionale Veranstaltungen der Bezirksvereine und Landesverbände des VDI. Zentrale Informationen stehen unter www.vdi.de/zirkulaere-wertschoepfung bereit.
Energie & Klima
Smart Meter: Erfolgreicher Einsatz erfordert intelligenten Roll-Out
Smart Meter sind ein unverzichtbarer Baustein bei der Umsetzung der Energiewende, insbesondere bei der Koordinierung von Stromangebot und -Nachfrage. Die Einführung dieser intelligenten Messsysteme verzögert sich jedoch seit Jahren, obwohl eine abgesicherte Energieinfrastruktur mit Blick auf die Herausforderungen Klimawandel, Digitalisierung und Cybersicherheit ohne Alternative ist und deshalb mit aller Entschlossenheit effizient und lösungsorientiert vorangetrieben werden sollte.
Energie & Klima
Smart Meter als unverzichtbarer Baustein bei der Umsetzung der Energiewende
Um die Energiewende voranzutreiben, ist aus Sicht des VDI ein klar strukturierter, abgestimmter und kosteneffizienter Roll-out unabdinglich:
- Es bedarf einer verlässlichen, effektiven Abstimmung mit allen betroffenen Stakeholdern, um Smart Meter inkl. Gateway und Systemarchitektur einzuführen und so eine wichtige Grundlage für den Erfolg der Energiewende zu schaffen. Die Regeln sollten von der verantwortlichen Stelle im Ministerium klar definiert und deren Einhaltung gewährleistet werden.
- Daneben müssen schnellstens auch regulatorische und rechtliche Rahmenbedingungen angepasst werden, um die Planungssicherheit für alle beteiligten Akteure sicherzustellen.
- Die Interoperabilität mit bereits bestehenden Systemen, sowie Schnittstellen zwischen Smart Metern und angeschlossenen Energieanlagen muss unbedingt gewährleistet werden.
- Die Sicherheitsanforderungen der intelligenten Zähler dürfen nicht derart komplex werden, dass Innovationen und Einführung ausgebremst werden. Neben der Sicherheit sollte auch die Kosteneffizienz in den Fokus gerückt werden. Dennoch sind Anforderungen an die Sicherheit so zu definieren, dass potenzielle Hackerangriffe ausgeschlossen werden können, die ein Risiko für den sicheren/stabilen Netzbetrieb darstellen.
- Ein zielgerichter Roll-out erfordert seitens der Politik eine klare Priorisierung der Einbaufälle. Solange die Basis für flexible Tarifmodelle im Privatkundenbereich nicht geschaffen ist, sind hier Großkunden zu priorisieren, die mit ihren Daten zu mehr Netzstabilität beitragen.
- Um die Akzeptanz in der Bevölkerung sicherzustellen, sind zum richtigen Zeitpunkt Kommunikationsmaßnahmen und geeignete Verbraucherinformationen notwendig.
Fazit aus Sicht des VDI
Nach einem erfolgreichen Roll-out der Smart Meter kann Deutschland die Vorreiterrolle für eine intelligente Mess- und Steuerinfrastruktur einnehmen, die sehr hohe Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit erfüllt. Das bietet Chancen, die damit verbundene Technologie auch in andere Länder zu exportieren. Voraussetzungen dafür sind klar definierte Standards und Vorgaben, die Insellösungen verhindern.
Mehr Infos:Policy Fact Sheet Smart Meter
Ansprechpartner:
VDI-Fachgesellschaft Energie und Umwelt
Christian Borm
borm@vdi.de
Tel. +49 211 6214-935
www.vdi.de/geu
Büro Berlin
Christian Krause
krause_c@vdi.de
Tel. +49 30 275957-13
www.vdi.de/politik
Beruf & Karriere
Freiberufliche Ingenieur*innen schützen
Erfolgreiche Unternehmen bauen verstärkt darauf, sich für Unternehmensprojekte notwendiges Spezialwissen durch den Einsatz freiberuflicher Ingenieur*innen anzueignen. Unternehmen können damit auf immer kürzer werdende Planungszeiträume flexibel reagieren, phasenweise nötiges Spezialwissen einkaufen und kurzfristig Kapazitätsengpässe abbauen. Dieser Trend wird verstärkt durch die digitale Transformation und die damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitswelt.
Beruf & Karriere
Freiberufliche Ingenieur*innen als Solo-Selbstständige gesetzlich besser stellen
Freiberufliche Ingenieur*innen sind bei innovativen Unternehmensprojekten äußerst gefragt. Solo-Selbstständige und Freelancer bringen schnell und flexibel tiefgehendes Know-how und Spezialwissen in die Unternehmen. Dieser Trend wird verstärkt durch die digitale Transformation und die damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitswelt. Trotz des steigenden Bedarfs erschweren gesetzliche Regelungen die freiberufliche Tätigkeit der Ingenieur*innen.
Selbständigkeit ist für erfahrene Ingenieur*innen attraktiv
Ingenieur*innen zählen zu den am meisten umworbenen akademischen Berufsgruppen am Arbeitsmarkt. Dementsprechend können Mitglieder dieser Berufsgruppe aus einer Reihe von Jobangeboten wählen. Dabei wird auch die selbstständige Tätigkeit als attraktive Alternative wahrgenommen. Den Weg der freiberuflichen Tätigkeit beschreiten rund 164.000 Ingenieur*innen (Zahlen: Mikrozensus 2017). Zieht man die freiberuflich tätigen Ingenieur*innen im Baubereich ab – hier wird eine freiberufliche Tätigkeit häufiger aufgenommen – verbleiben knapp 104.000 Ingenieur*innen.
Gesetzgeber will Scheinselbständigkeit verhindern
Auch wenn Selbstständige und Freiberufler als wesentlicher Teil des Mittelstands angesehen werden, will der Gesetzgeber rechtswidrige Konstellationen verhindern. Um Rechtssicherheit zu schaffen, hat der Gesetzgeber das sogenannte Statusfeststellungsverfahren geschaffen. Dieses dient dazu, den Status von Personen für jeden Auftrag getrennt als abhängig Beschäftigte oder selbstständig Tätige verbindlich festzustellen. Für die Durchführung des Verfahrens ist die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung zuständig.
Zu beobachten ist, dass die Anzahl der tatsächlich erfolgten Statusfeststellungen als selbstständig seit Einführung des Verfahrens im Jahre 2007 stark rückläufig ist. Wurden 2007 noch 78,8 Prozent der Verfahren (16.666) positiv beschieden, so pendelt sich die Anerkennungsquote bis 2019 auf knapp 65 Prozent bei gestiegener Verfahrensanzahl (21.574) ein (Quelle: DRV Bund).
VDI Empfehlungen
Aus Sicht des VDI sind deshalb insbesondere beim Statusfeststellungsverfahren Anpassungen notwendig:
- Das Statusfeststellungsverfahren muss entbürokratisiert und beschleunigt werden.
Um die Anerkennung der Selbstständigkeit zu erleichtern, sollten statt Negativkriterien moderne Positivkriterien angewandt werden, die
- sich auf die Gesamtheit der angebotenen Leistungen beziehen.
- Um einen potenziellen Interessenkonflikt auszuschließen, sollte die Clearingstelle für die Statusfeststellungsverfahren nicht mehr bei der Rentenversicherung angesiedelt sein.
Fazit
Als wichtige Innovationstreiber sollten Ingenieur*innen frei darüber entscheiden können, ob sie im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses in einem Unternehmen, bei einem Ingenieurdienstleister oder als Selbstständige zur Verfügung stehen.
Dabei darf der Weg in die Solo-Selbstständigkeit nicht durch aktuelle und zukünftige gesetzliche Regelungen versperrt werden.
Ansprechpartner:
Fachbeirat Beruf und Arbeitsmarkt
Ingo Rauhut
rauhut@vdi.de
Tel. +49 211 6214-697
Büro Berlin
Christian Krause
krause_c@vdi.de
Tel. +49 30 275957-13
Ingenieurausbildung
Digitale Transformation: Deutsche Hochschulen hinken hinterher
Die VDI-Studie „Ingenieurausbildung für die Digitale Transformation“ (2019) zeigt: Studierende und Berufseinsteiger fühlen sich nicht ausreichend durch digitale Fachinhalte auf die Arbeitswelt vorbereitet. Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung und dem HIS-Institut für Hochschulentwicklung e. V. hat der VDI Professorinnen und Professoren an Hochschulen, Studierende und Berufseinsteiger zu digitalen Lehrinhalten befragt und aus den Ergebnissen konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Ingenieurausbildung
Digitale Transformation: Deutsche Hochschulen hinken hinterher
Die aktuelle VDI-Studie „Ingenieurausbildung für die Digitale Transformation“ zeigt: Studierende und Berufseinsteiger fühlen sich nicht ausreichend durch digitale Fachinhalte auf die Arbeitswelt vorbereitet. Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung und dem HIS-Institut für Hochschulentwicklung e. V. hat der VDI Professorinnen und Professoren an Hochschulen, Studierende und Berufseinsteiger zu digitalen Lehrinhalten befragt. Die Ergebnisse präsentierte der größte deutsche Ingenieurverein auf der Hannover Messe.
Im Bereich Informatik geben nur 11 Prozent der befragten Studierenden an, dass sie sich gut vorbereitet fühlen. 56 Prozent sagen das Gegenteil. Bei den Berufseinsteigern fühlen sich nur 9 Prozent adäquat vorbereitet und 61 Prozent eher nicht bis gar nicht. Ein prekäres Ergebnis vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels und der zunehmenden Bedeutung von Schnittstellenkompetenzen im Bereich IT und Technik auf dem Arbeitsmarkt.
Digitalkompetenz der Lehrenden stärken
„Die Digitale Transformation muss sich in den Curricula im Pflichtbereich niederschlagen, wenn wir weiterhin führender Technikstandort sein wollen“, sagt VDI-Direktor Ralph Appel. Denn Ingenieurleistungen durch den Einsatz von KI nehmen immens an Bedeutung zu.
Die Bereitschaft vieler Professoren, sich an die Anforderungen der Digitalen Transformation anzupassen ist noch unbefriedigend: Auf die Aussage „Die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen unterstützen die Digitale Transformation in unserem Studiengang“ antwortet keiner der befragten Professoren mit „stimme vollkommen zu“. 41 Prozent schätzen ihre Kollegen als weniger unterstützend ein und nur ca. 10 Prozent der Befragten stimmen voll zu, dass ihre Kollegen bereit seien ihre Lehrveranstaltungen anzupassen.
Daher fordert der VDI: Die Lehre braucht mehr Personal, das die Digitale Transformation mitträgt. Die Digitalkompetenz der Lehrenden muss eindeutig gestärkt werden. Hierfür müssen Anreizsysteme geschaffen und Mittel bereitgestellt werden, die die notwendigen strukturellen Innovationen in der Lehre ausreichend befördern. 56 Prozent der Studierenden sagen, dass ihre Professoren das Hemmnis an den Hochschulen sind. Als positive Treiber sehen sie die Unternehmen und die Anforderungen des Arbeitsmarkts.
Lebenslanges Lernen: Hochschulen und Industrie als Partner
Hochschulen sollten noch stärker mit modern agierenden Unternehmen bei Fragen zur Digitalen Transformation kooperieren. Hier ist erhöhter Austausch und mehr Verzahnung notwendig, um die Bedürfnisse der zukünftigen Berufseinsteiger in den Lehrplänen stärker einzubinden. Für die wissenschaftliche Ausbildung in den Ingenieurwissenschaften war der Praxisbezug zu den Forschung-und-Entwicklung-Abteilungen und auch allen anderen Geschäftsbereichen schon immer von sehr hoher Bedeutung. Das Tempo der digitalen Veränderungen erlaubt es den Hochschulen kaum noch, die jeweils aktuellen Technologien und Konzepte für Forschungs- und Lehrzwecke ohne Industriekooperationen bereitzustellen. Im Sinne des lebenslangen Lernens sollten Hochschulen und Unternehmen näher zusammenrücken. Die Dynamik der Digitalisierung erfordert auch für hochqualifizierte Ingenieure einen lebenslangen Bedarf an Weiterbildung. Neben der Fachkompetenz ist immer stärker die interdisziplinäre Zusammenarbeit gefragt. Hier fehlt es Absolventen oft an entsprechender Erfahrung aus dem Studium.Veränderungen in der Arbeitswelt sollten daher bereits in den Curricula der Hochschulen verankern werden und die Hochschullandschaft mit der Industrie stärker verknüpft werden.
HAWs/Fachhochschulen bereiten besser auf die Digitale Transformation vor
Im direkten Vergleich von Universitäten und HAWs/Fachhochschulen zeigt die Studie außerdem, dass laut der befragten Studierenden Fachhochschulen den Universitäten signifikant im Rahmen der Digitalen Transformation voraus sind. Studierende bewerten HAWs/FHs besser als Universitäten – etwa im Hinblick auf den Stellenwert der Digitalen Transformation, die Einbindung digitaler Lehrinhalte, sowie die wahrgenommene Bereitschaft Lehrender, ihre Lehre im Zuge der Digitalen Transformation anzupassen.
Fazit aus Sicht des VDI
Digitale Fachinhalte sollten stärker in den Curricula verankert und die digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte gestärkt werden.
Die vollständige Studie mit konkreten Handlungsempfehlungen zum Download unter www.vdi.de/studie-ingenieurausbildung
Energie & Klima
Kriterien für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden
Nach Ansicht des VDI verfügt Deutschland im internationalen Vergleich über eine führende Rolle bei der Planung und Realisierung energieeffizienter Gebäude und dem Einsatz regenerativer Energien in der Gebäudetechnik. Die Nachfrage auf internationalen Märkten und der Bedarf an diesem Know-how sowie an energieeffizienter Technologie wachsen rasch. Für die deutsche Volkswirtschaft bestehen daher erhebliche Exportchancen sowohl bei Neu- als auch bei Bestandbauten. In seinem Positionspapier „Klimaschutz- und Energiepolitik – Handlungsempfehlungen für den Gebäudebereich“ vom Oktober 20101 wies der VDI darauf hin, dass ein starkes deutsches Label für die Bewertung- und Zertifizierung für die Nachhaltigkeit von Gebäuden dazu beitragen kann, dass Deutschland seine Exportpotentiale in diesem Bereich auch voll nutzen kann.
Energie & Klima
Kriterien für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden
Nach Ansicht des VDI verfügt Deutschland im internationalen Vergleich über eine führende Rolle bei der Planung und Realisierung energieeffizienter Gebäude und dem Einsatz regenerativer Energien in der Gebäudetechnik. Die Nachfrage auf internationalen Märkten und der Bedarf an diesem Know-how sowie an energieeffizienter Technologie wachsen rasch. Für die deutsche Volkswirtschaft bestehen daher erhebliche Exportchancen sowohl bei Neu- als auch bei Bestandbauten.
In seinem Positionspapier „Klimaschutz- und Energiepolitik – Handlungsempfehlungen für den Gebäudebereich“ vom Oktober 20101 wies der VDI darauf hin, dass ein starkes deutsches Label für die Bewertung- und Zertifizierung für die Nachhaltigkeit von Gebäuden dazu beitragen kann, dass Deutschland seine Exportpotentiale in diesem Bereich auch voll nutzen kann. In diesem Papier erläutern wir, weshalb aus Sicht der Ingenieure deutsche Systeme für die Bewertung und Zertifizierung der Nachhaltigkeit von Gebäuden gestärkt werden müssen und welche zentrale Rolle hierbei einheitliche Kriterien als Basis für deutsche Bewertungs- und Zertifizierungsverfahren spielen
Wachsende Bedeutung der Nachhaltigkeitsbewertung
Nachhaltigkeit im Gebäudebereich ist eine zentrale Voraussetzung für erfolgreichen Umwelt- und Klimaschutz. Gebäude verbrauchen einen hohen Anteil natürlicher Ressourcen. Insbesondere verursachen sie in Deutschland und Europa rund 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs. Weltweit sind Gebäude für fast 40 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich.
Neben der ökologischen Dimension berücksichtigt ein Konzept des nachhaltigen Bauens aber auch gleichberechtigt die ökonomische und soziale Dimension. Ziel des nachhaltigen Bauens ist es, Ressourcen zu schonen, die Umwelt zu entlasten, die Qualität und den Wert von Gebäuden zu sichern sowie Bauwerke mit einem hohen sozialen Nutzen zu schaffen.
Die Bewertung der Gebäude mit Bronze, Silber, Gold und Platin entsprechend des Grades Ihrer Nachhaltigkeit beeinflussen den Marktwert einer Immobilie erheblich. Mittlerweile werden in Deutschland bereits nahezu alle neuen Büro- und Verwaltungsgebäude hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit mittels Zertifizierungssystemen überprüft und i.d.R. auch zertifiziert. Dieser Trend setzt aktuell bei sanierten Gebäuden ein und dürfte sich künftig in dem Maße verstärken, in dem technisch mögliche energetische Sanierungen von Gebäuden auch wirtschaftlich lohnend werden, z.B. durch eine Kopplung des Mietspiegels an die Nachhaltigkeitsbewertung.
Die wichtigsten Zertifizierungssysteme
Für die Überprüfung und Zertifizierung der Nachhaltigkeit gibt es mehrere Systeme. Am deutschen Markt kommen vor allem die folgenden zum Einsatz:
- LEED: Leadership in Energy and Environmental Design, USA;
- BREEAM: BRE Environmental Assessment Method, Großbritannien;
- DGNB: Deutsches Gütesiegel nachhaltiges Bauen, Deutschland;
- BNB: Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen, Deutschland.
Welches Zertifizierungssystem eingesetzt wird hängt von zahlreichen Faktoren ab. Eine ganz wesentliche spielt hierbei die Anzahl der mit dem gleichem System zertifizierten Vergleichsgebäude. Je mehr Vergleichsgebäude bereits mit einem System zertifiziert wurden umso attraktiver ist die Nutzung dieses Systems für Bauherren und Investoren. Dies erklärt, weshalb gerade international agierende Bauherren und Investoren gern das bereits bekannte und international weit verbreitete USSystem LEED benutzen, dass sich auch zunehmend in Deutschland etabliert. Das vor allem von angelsächsischen Investoren eingesetzte britische System BREEAM ist international wie auch in Deutschland ebenfalls auf dem Vormarsch.
Während in den USA und Großbritannien jeweils ein einziges Zertifizierungssystem entwickelt wurde, dass von der jeweiligen Regierung sowie den nationalen Interessens- und Branchenverbänden wirtschaftlich und ideell unterstützt wird, droht in Deutschland ein Pluralismus an Systemen zu entstehen.
Das DGNB-System galt zunächst für Büro- und Verwaltungsgebäude. Zwischenzeitlich sind weitere Systeme z.B. für Hotelgebäude hinzugekommen, oder Systeme wie z.B. für Krankenhäuser, Laborgebäude, Versammlungsstätten in Vorbereitung. Die diesen Systemen zugrunde liegenden Kriteriensteckbriefe stützen sich überwiegend auf DIN-Normen und VDI-Richtlinien. Bewertet werden für jedes Gebäude die ökologische, ökonomische, soziokulturelle, funktionale und technische Qualität sowie die Prozessqualität und die Standortqualität. Derzeit werden die Kriteriensteckbriefe überarbeitet. Experten der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik (VDI-GBG) sind hierin eingebunden. Der VDI hält das derzeit entstehende System mit der nächsten Generation von Steckbriefen unter technischen Gesichtspunkten sowie hinsichtlich seines ganzheitlichen Ansatzes für führend sowohl im Vergleich zum bisherigen DGNB-System als auch im Vergleich zu allen anderen Systemen.
Als zweites deutsches System soll künftig das BNB für Bundesbauten angewendet werden, das derzeit vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) entwickelt wird. Der VDI ist punktuell in die Entwicklung dieses Systems eingebunden. Die Kriteriensteckbriefe, und damit die zugrunde liegenden technischen Regeln und Normen, die derzeit für das BNB entwickelt werden, sind öffentlich zugänglich, inhaltlich allerdings verschieden von denen, die dem DGNB-System zugrunde liegen.
Einige Interessenverbände, z.B. der Wohnungswirtschaft, erwägen für die Zukunft zudem die Entwicklung weiterer eigener Zertifizierungssysteme. Darüber hinaus beabsichtigt die DGNB, Bewertungs- und Zertifizierungssysteme für unterschiedliche Gebäudenutzungen zu entwickeln.
Alle Zertifizierungssysteme stützen Ihre Bewertungskriterien auf externen Dokumenten wie Normen und technische Regeln ab. Die Systeme LEED und BREEAM stützen sich im Schwerpunkt auf amerikanische bzw. britische Regeln und Normen. Die deutschen Systeme DGNB und BNB basieren hingegen auf deutschen und europäischen Regeln und Normen.
Nach Auffassung des VDI sollte die Nachhaltigkeitszertifizierung in Deutschland vor allem auf Basis einheitlicher deutscher und europäische Regeln und Normen erfolgen. Hierfür sprechen folgende Gründe:
- Deutsche Standards sichern Nachhaltigkeitszertifizierung auf höchstem technischen Niveau: Deutschland ist bei der Nachhaltigkeit und insbesondere bei der Energieeffizienz international Technologieführer. Die deutschen Regeln und Normen sowie die Bewertungssysteme DGNB und BNB reflektieren dies. Sie setzen damit eine deutlich höhere Messlatte hinsichtlich der Nachhaltigkeit als LEED und BREEAM.
- Einheitlichkeit der Kriterien gewährleistet Vergleichbarkeit und Akzeptanz: Durch die Nutzung einheitlicher Kriteriensteckbriefe als Basis für die Nachhaltigkeitsbewertung bei deutschen Systemen würde gewährleistet, dass die Nachhaltigkeit eines nach DGNB zertifizierten privaten Bürogebäudes und eines nach BNB zertifizierten Verwaltungsgebäude des Bundes unmittelbar miteinander verglichen werden könnten. Diese Vergleichbarkeit wäre die Grundlage für eine breite Akzeptanz und Anwendung der deutschen Zertifizierungssysteme am heimischen Markt.
- Nutzung der Exportpotentiale deutscher Unternehmen: Ein im heimischen Markt starkes deutsches System der Nachhaltigkeitszertifizierung hätte auch deutlich bessere Chancen, sich international durchsetzen. Dies würde deutschen Unternehmen helfen, Exportpotentiale, die sie aufgrund ihrer Technologieführerschaft besitzen, auch tatsächlich am Markt zu nutzen. Dies gilt sowohl für die Komponentenindustrie, den Anlagenbau als auch für die Architekturund Ingenieurleistungen aus Deutschland. Dass die Nachhaltigkeitszertifizierung international bislang meist nach LEED oder BREEAM stattfindet, lässt deutsche Exportchancen in diesen Bereichen teilweise ungenutzt, da beiden Systeme im Vergleich zu DGNB und BNB niedrige technische Standards zugrunde legen und somit nicht immer die technologisch beste Lösung zum Einsatz kommt, sondern häufig kostengünstigere Varianten von Herstellern aus anderen Ländern.
- Konsistenz zwischen den Standards der Zertifizierung und denen der Planungs- sowie Bauprozesse: Das deutsche Baurecht schreibt vor, das Gebäude in Deutschland entsprechend dem Stand der Technik in Deutschland zu errichten sind. Dieser wird vor allem durch DINNormen und VDI-Richtlinien festgeschrieben. Diesen eindeutigen Bezug zwischen den nationalen technischen Regeln und dem Baurecht gibt es so nur in Deutschland. Für Nachhaltigkeitsbewertungen entsprechend LEED oder BREEAM werden amerikanische bzw. britische Standards herangezogen. Die Anwendung zweierlei Arten von Standards in der Planung und bei der Nachhaltigkeitsbewertung verursacht jedoch erheblichen Zusatzaufwand und Kosten. Falls in Deutschland künftig verstärkt nach LEED zertifiziert wird, könnte längerfristig auch Druck entstehen, deutsche Standards durch amerikanische als Grundlage für die Planung in Deutschland zu ersetzen. Dies muss verhindert werden, damit deutsche Unternehmen auch künftig eine technologisch führende Rolle bei Nachhaltigkeitstechnologien einnehmen können. Außerdem bieten nur die nationalen Regelwerke die Rechtssicherheit, die wir bei der Anwendung von anerkannten Regeln der Technik für die Planer und für die ausführenden Unternehmen benötigen.
Angesichts dieser Vorteile einer Nachhaltigkeitszertifizierung auf Basis einheitlicher deutscher und europäische Standards sollte es das Ziel der Bundesregierung und der betroffenen Branchen sein, einheitliche Kriteriensteckbriefe als Basis für deutsche Bewertungs- und Zertifizierungsverfahren zu etablieren. Unterstützung dieser Kriteriensteckbriefe und der darauf aufbauenden Systeme durch die am Bau beteiligten Branchen sowie relevante Ministerien wäre zu gewährleisten.
Auf diesem Weg ließe sich ein deutsches Bewertungs- und Zertifizierungssystem für die Nachhaltigkeit von Gebäuden etablieren, dass sich im heimischen Markt etablieren und künftig auch international behaupten kann. Damit würden sich auch die Marktpotentiale für technologisch führende Produkte und Dienstleistungen „made in Germany“ besser nutzen lassen.
Fazit aus Sicht des VDI
Die Bewertung von Bestandsgebäuden wird, wie eingangs erwähnt, an Bedeutung gewinnen. Der VDI hält es für wichtig, hier mit einem einheitlichen, in der Branche abgestimmten und akzeptierten Ansatz in die Bewertung einzusteigen. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass die Bewertung mit vertretbarem Aufwand durchführbar ist. Entscheidend ist, dass die Bewertung genutzt wird um im Gebäudebestand wirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen zur nachhaltigen Energieeinsparung anzustoßen, oder um aufzuzeigen, wann eine Sanierung nicht mehr rentabel ist und ein Abriss empfohlen wird. Wie bereits in dem VDI Positionspapier „Klimaschutz- und Energiepolitik – Handlungsempfehlungen für den Gebäudebereich“ beschrieben, können die energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung mittelfristig nur mit einer Optimierung im Gebäudebestand und einer erhöhten Neubauquote erreicht werden.